Anatomie der Faszien

Den Faszien des menschlichen Körpers werden wir erst ansichtig, wenn die Körperhülle eröffnet wird. Alsdann begleiten sie uns durch alle Ebenen einer Präparation, beginnend mit der subkutanen Ebene bis in die Tiefe der Brust- und Bauchhöhle und auch in den zentralnervösen Kompartimenten treffen wir sie in der Form meningealer Strukturen an.

Es obliegt den Faszien nicht nur, die durch sie gebildeten Logen zu gliedern oder auszugleiten, wie wir dies am Beispiel der Pleurahöhlen und des Peritonealraums erkennen können, sie entwickeln vielmehr auch Leitplatten für Nerven und Gefäße, welche auf diesem Wege ihre Zielorgane erreichen.
Dabei ändern die Faszien im Laufe einer Präparation ständig ihr Gesicht – oder korrekter wäre es, von ihren Morphen zu sprechen. Damit wird klar, dass sie auch ihre Funktion verändern, ohne dabei jedoch ihre Kontinuität aufzugeben. Dies wird den Faszien möglich, indem sie die Zusammensetzung ihrer zellulären und extrazellulären Komponenten verändern.

MAKROSKOPISCHE STRUKTUR DER FASZIE
Die unterschiedlichen Faszien des Körpers definieren sich durch ihre Topographie, Morphe und Funktion. Die oberflächliche Körperfaszie ermöglicht die Verschiebung der Haut und Unterhaut gegenüber den tiefen Muskelfaszien und schützt die in der Unterhaut (Subkutis) verlaufenden Nerven und Gefäße. Diese gelangen über Faszienkanäle aus den tieferen Ebenen zur Haut.
Die tiefe Faszie (Muskelfaszie) dient der Gliederung der Extremitäten in Logen und verbindet diese mit dem Rumpf. Dabei werden Kompartimente gebildet, in denen Agonisten und Antagonisten sowie Leitungsbahnen (Nerven und Gefäße) entlang der Extremitäten geführt werden. Auf diese Weise entwickeln die Faszien funktionelle Einheiten und ermöglichen eine nahezu reibungsfreie Gleitbewegung der Muskeln untereinander und derselbigen gegenüber den Muskelfaszien während der Kontraktion der Muskulatur bzw. ihrer Elongation bei passiver Dehnung.

Die einzelnen Kompartimente und die Hüllstruktur der in ihnen geführten Leitungsbahnen sowie die intramuskulären Faszien der inkorporierten Muskeln drängen den Vergleich mit einer russischen Holzpuppe – der Matrjoschka – auf. Auch diese enthüllt dem Betrachter immer neue und kleinere Formen ihrer selbst, wenn man sie öffnet. Andererseits entstehen zwischen den Muskeln und den Faszien teils feste Verbindungen, welche der Entwicklung von Muskelursprüngen und -ansätzen dienen (s. Kapitel:„Die Faszie als Ursprung für Ansatz und Muskeln“). Auf diese Weise übertragen Faszien auch die Kraft einer Muskelkontraktion zwischen Agonist, Synergist und Antagonist bzw. werden durch diese dynamisiert.

An definierten Stellen werden die Muskelfaszien von Leitungsbahnen (Nerven und Gefäße) durchbrochen. Diese Perforationen der Faszie ermöglichen den Nerven und Gefäßen aus tieferen Ebenen in die Unterhaut und letztlich in die Kutis zu gelangen. Dabei wird an der Perforation, durch lockeres Binde- gewebe, eine Art gleitende Manschette für die hindurchtretenden Nerven und Gefäße geschaffen. Durch abrupte Bewegungen und durch die Veränderung im Tonus der Faszie kann an diesen Stellen eine Irritation der Nerven entstehen. Diese führt zu einer erhöhten Empfindlichkeit und eventuell zu Schmerz an den Perforationsstellen sowie zu Sensationen im Versorgungsgebiet der Nerven.

In den Eingeweideräumen (Pleura- und Peritonealhöhle) trifft man auf eine ultradünne viszerale Faszie. Diese umhüllt die Organe (Lunge und Peritonealorgane) und schlägt an deren Hilus in das parietale Blatt der viszeralen Faszien (Pleura- und Peritoneum parietale) um.
Dabei entstehen Verbindungen zwischen den Organen und der Rumpfwand. Diese dienen einerseits als Leitplatten für Gefäße und Nerven, welche die Organe versorgen bzw. innervieren und anderseits als Verankerung der Organe innerhalb der Körperhöhlen.
Wenngleich die einzelnen Faszien des menschlichen Körpers ganz unterschiedliche Aufgaben haben und auch sehr different ausgestaltet sind, so verbindet sie doch ihre histologische Ebene miteinander. Alle bestehen sie aus Bindegewebe. Dieses unterscheidet sich lediglich in der Dichte und der Regularität seiner Fasern. Mit dieser Erkenntnis wird erneut die Kontinuität der Faszien und ihre unterschiedliche Ausprägung untermauert.

Auszug aus dem Fachbuch "Faszienbehandlung mit Stoßwellen" des Level 10 Buchverlages.

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